teilerfolg2Vor einigen Monaten startete diese Seite mit dem Konflikt zwischen dem AStA Bremen und Prof. Dr. Jörg Baberowski aus Berlin. Dieser Streit wurde kürzlich vor dem Kölner Landgericht fortgesetzt und vorläufig entschieden. (Aktenzeichen: 28 O 324/16) Bis auf ein Detail gab das Gericht der Vorinstanz und Prof. Dr. Baberowski Recht.

Wie dem Urteil zu vernehmen ist, waren die Zitate welche Herrn Baberowski zu Last gelegt wurden arg gekürzt und sinnentstellt: Obgleich der wiedergegebene Wortlaut der Aussagen des Klägers zutreffend ist, ist seine Äußerung jeweils durch das Weglassen einer nachfolgenden Passage aus dem Zusammenhang gerissen und damit sinnentstellend wiedergegeben worden.“

„Wenn man nicht bereit ist, Geiseln zu nehmen, Dörfer niederzubrennen und Menschen aufzuhängen und Furcht und Schrecken zu verbreiten, wie es die Terroristen tun, wenn man dazu nicht bereit ist, wird man eine solche Auseinandersetzung nicht gewinnen“ … vom AStA unterschlagen wurde … „Dann sollte man die Finger davon lassen. Also auf der einen Seite ja, natürlich, Deutschland soll eine Funktion übernehmen, und es ist wichtig, dass Deutschland Verantwortung übernimmt, vor allen Dingen in solchen Konflikten, die es selbst betreffen. Aber man sollte sich schon gut überlegen, für welchen Krieg man a) gerüstet ist und ob man ihn gewinnen kann. Und wenn man ihn nicht gewinnen kann, soll man es lassen.“

In einem Fernsehinterview hatte der Historiker gesagt: „Überall da, wo viele Menschen aus fremden Kontexten kommen und die Bevölkerung nicht eingebunden wird in die Regelung all dieser Probleme, da kommt es natürlich zu Aggression.“ … vom AStA unterschlagen wurde …  „Gott sei Dank ist in Deutschland noch niemand umgekommen. Zwar sind Asylbewerberheime angezündet worden. Alles schlimm genug. Aber so weit sind wir noch nicht. Ich glaube, angesichts der Probleme, die wir in Deutschland haben mit der Einwanderung, die jetzt gerade stattfindet, ist es ja noch eher harmlos, was wir haben.“

Teilerfolg: Schon im Jahr 2012 urteilte das Bundesverfassungsgericht, daß die Bezeichung „rechtsradikal“ von der Meinungsfreiheit gedeckt sei. Ähnlich sollte es sich mit der Zuschreibung „linksradikal“ verhalten, also für jene gelten die trotzkistischen, stalinistischen, maoistischen Ideen anhängen. Der vermeintliche Erfolg liegt also – wenn überhaupt – schon ein halbes Jahrzehnt zurück und dürfte daher kaum eine Schlagzeile wert sein. Dürfte.

Apropos Meinungsfreiheit: Auf wen trifft die Beschreibung der Bundeszentrale für politische Bildung zum Thema „Radikalismus“ wohl am ehesten zu: AStA, IYSSE oder Prof? Die Antwort ist ggf. von der Meinungsfreiheit gedeckt.

„Rechtsradikale und Linksradikale wollen die bestehende gesellschaftliche Ordnung total verändern und die demokratischen Regeln abschaffen. Dabei sind die Zielsetzungen der Rechtsradikalen und Linksradikalen zwar unterschiedlich, aber beide Gruppen sind bereit, gewalttätige Mittel einzusetzen, um ihre Ziele zu erreichen. Menschen mit radikalen Einstellungen sind oft fanatisch, lassen die Vorstellungen anderer nicht gelten. Sie sind intolerant und beharren kompromisslos auf ihren eigenen Vorstellungen.“

Die Humboldt Universität (HU) äußerte sich zum Urteil wie folgt:

„Jörg Baberowski ist ein hervorragender Wissenschaftler, dessen Integrität außer Zweifel steht und der in der wissenschaftlichen Community hohes Ansehen genießt. Seine in öffentlichen Debatten vertretenen Positionen sind dabei durchaus kontrovers. Diese jedoch als „rechtsradikal“ zu bezeichnen, mag durch die Meinungsfreiheit gedeckt sein. Gleichwohl ist festzuhalten, dass es sich dabei um Meinungen handelt, die keine Allgemeingültigkeit besitzen. Das Präsidium der Humboldt-Universität stellt klar: Die wissenschaftlichen Äußerungen von Jörg Baberowski – insbesondere in ihren Kontexten – sind nicht rechtsradikal.“

Jenen gegenüber die den wissenschaftlichen Austausch mit allen Mitteln verhindern wollen stellt die Universität unmißverständlich klar:

„Die HU ist ein Ort freien und unabhängigen wissenschaftlichen Austausches. Wir werden es nicht dulden, wenn gegen elementare menschliche und demokratische Grundsätze an unserer Universität verstoßen wird.“

Bücher:

Wo liegt die Fehde zwischen dem einst linkem Professor und aktuell linken Hochschulgruppen und AStAs begründet? Ein Erklärungsversuch in Büchern:

  • Zivilisation der Gewalt. Die kulturellen Ursprünge des Stalinismus. (Humboldt-Universität zu Berlin: Antrittsvorlesung am 10. Juli 2003)
  • Der Feind ist überall. Stalinismus im Kaukasus, München, DVA 2003, ISBN 3-421-05622-6.
  • Der rote Terror. Die Geschichte des Stalinismus, München, DVA 2003, ISBN 3-421-05486-X.
  • Verbrannte Erde. Stalins Herrschaft der Gewalt, München, C.H. Beck 2012, ISBN 978-3-406-63254-9.
  • Räume der Gewalt. Frankfurt am Main, S. Fischer 2015, ISBN 978-3-10-004818-9.

Artikel:

Stellungnahme vom Fachbeirat der Stiftung Aufarbeitung } Stellungnahme des Fachbeirats Wissenschaft der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur zur Kampagne

Stellungnahme der HU } HU-Stellungnahme zum Urteil des Landgerichts Köln

UNI Spiegel } Bloggende Studenten: Die Professoren-Stalker

World Socialist Web Site (WSWS) – Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale (IKVI) } Offener Brief der IYSSE an den AStA der Ruhr-Universität Bochum: Bochumer Stadt- und Studierendenzeitung verteidigt rechten Humboldt-Professor Jörg Baberowski

bsz online (Bochumer Stadt- und Studierendenzeitung } Alle Artikel der kritisierten BSZ mit dem Schlagwort „Baberowski“

taz } Im Kampf gegen den „Ideologen“ Volkskommissare für Wissenschaft

Tagesspiegel } Rassismusvorwurf gegen Jörg Baberowski; Asta darf HU-Professor „rechtsradikal“ nennen

… den wortgleichen Artikel betitelt die Frankfurter Rundschau übrigens so …

Frankfurter Rundschau } Urteil: Teilerfolg für Bremer AStA

FAZ } Bundesverfassungsgericht Bezeichnung „rechtsradikal“ von Meinungsfreiheit gedeckt (2012: Aktenzeichen 1 BvR 2979/10)