Unbenannt

Ein demokratisches Manöver der besonderen Art kann man gerade in Greifswald beobachten. In regelmäßigen Abständen wird über den dortigen Namenpatron der Universität debattiert und abgestimmt. Nachdem eine längere Debatte vor etwa 7 Jahren nicht zur Umbenennung der Ernst-Moritz-Arndt-Universität führte und sich sowohl Studentenschaft und Senat dagegen aussprachen, entschied sich der aktuelle Senat der Universität Anfang diesen Jahres ohne größere Debatte nun doch für die damals abgelehnte Umbenennung.

Wer im Großen siegen will, sei im Kleinen fleißig; von eins, zwei kommt man zu drei, von dem Drei zu Dreißig. (Ernst Moritz Arndt)

Fazit 2010: „Das Ergebnis der demokratischen Abstimmung muss nun jedoch akzeptiert werden.“

Fazit 2017: „Als Rektorin dieser Universität respektiere ich die Entscheidung des Senates. Ich wünsche mir, dass auch diejenigen Mitglieder der Universität, die eine andere Entscheidung gewünscht hätten, die mehrheitlich getroffene Entscheidung des zuständigen, demokratisch gewählten Gremiums respektieren. Vor allem wünschte ich mir, dass die Auseinandersetzung um den Namen nicht zu andauernden Konflikten innerhalb der Universität führt.“ (Rektorin Prof. Dr. Johanna Weber)

Nicht verwunderlich, dass sich bald darauf der Protest gegen diese Entscheidung wider der Entscheidung erhob. Ein Jura-Professor entgegnete seiner Rektorin fast schon arndtisch:

„Es ist eher das Kennzeichen von Diktaturen, so lange abstimmen zu lassen, bis das Ergebnis stimmt, und dies dann für das einzig gültig demokratische zu halten.“

Überhaupt bin ich nach meiner Ansicht der Dinge und nach der Erfahrung, die ich im Leben gemacht habe, der Meinung, dass für die Freiheit, welche akademische Freiheit heißt, fast gar keine Gesetze gegeben werden müssen, sondern dass die Jugend, welche bestimmt ist, einmal die Geister zu führen, durch das freieste Gesetz der Meinung und dadurch der freiesten Meister, durch den Geist beherrscht werden muss. (Ernst Moritz Arndt)

Die Umbenennung ist aktuell vom Bildungsministerium aufgrund formaler Fehler gestoppt worden. In einer Pressemitteilung hierzu heißt es:

„Die Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald kann also eigenständig festlegen, ob sie den Namenszusatz ‚Ernst Moritz Arndt‛ streichen will oder nicht. Inhaltlich mische ich mich in dieses Vorhaben nicht ein und will es auch nicht bewerten. Aber das Beschlussverfahren über eine Änderung der Grundordnung muss rechtskonform ablaufen. Dies ist nach Auffassung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur nicht erfolgt.“ (Ministerin Birgitt Hesse)

Ausblick: Wir werden in regelmäßigen Abständen (etwa alle 7 Jahre) über dieses demokratische Ränkespiel berichten. Uns wird zwischendurch sicherlich andererorts und andererseits nicht langweilig.

Es wird trotz allem gegenteiligen Scheins nicht rückwärts, sondern vorwärts gehen. Das steht in meinem Herzen diamentenfest. (Ernst Moritz Arndt)

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Bildquelle: Absolventenabzeichen der „Militärmedizinischen Sektion“ der „Ernst-Moritz-Arndt-Universität“ der DDR.