Wer sich noch vor Jahren Sorgen um die Akademische Freiheit machte, der ließ seine Blicke weit schweifen. Etwaige Unfreiheiten erwartete man beispielsweise in der Türkei, in China oder in Rußland. Doch auch die Wissenschaftsfreiheit in Deutschland gerät mehr und mehr in Bedrängnis.
Das gesamte letzte Jahr stand nicht ohne Grund unter der Ägide der Allianz der Wissenschaftsorganisationen im Zeichen der hiesigen Wissenschaftsfreiheit.
Eine gerade veröffentlichte Umfrage im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und des Deutschen Hochschulverbandes (DHV) macht einige Mißstände und Unfreiheiten an deutschen Universitäten greifbarer. Der dazugehörige Lesestoff findet sich weiter unten.
Prof. Dr. Joybrato Mukherjee, neuer Präsident des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), stellt in einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk ebenfalls die Bedeutung der Wissenschaftsfreiheit anderswo aber auch in Deutschland heraus:
Grundsätzlich gilt, dass wir natürlich für die wissenschaftliche Freiheit einstehen, einstehen müssen – in Deutschland, aber vor allen Dingen natürlich auch in der Zusammenarbeit mit anderen Ländern in Europa und darüber hinaus. Und wissenschaftliche Freiheit ist natürlich nicht denkbar ohne Pressefreiheit, ohne Meinungsfreiheit, das heißt, wir brauchen im optimalen Fall doch eine wie auch immer geartete freiheitlich-demokratische Grundordnung, in der wir eine freie Wissenschaft dann auch garantieren können.
Heute, am 12. Februar 2020, stellte die Konrad-Adenauer-Stiftung mit einem Symposium die Wissenschaftsfreiheit in den Mittelpunkt. Bundesministerin Anja Karliczek fand zu Angriffen auf diese Freiheit in Deutschland klare Worte:
Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit erfordern entschiedene Reaktionen – und die gab es durch die klare Haltung der Unileitung. Gerade unsere Hochschulen müssen Orte des freien Diskurses und der Aufklärung sein. Denn das Ringen um Positionen und das Hinterfragen von Thesen ist Kern von Wissenschaft.
Wissenschaft heißt doch, auch einmal gegen den Strich, also Querdenken, zu dürfen, ja zu müssen. Fortschritt und Entwicklung entsteht daraus, dass wir die Grenzen des Wissens stets wieder verschieben. Manchmal Wissen sogar völlig verwerfen.
Und Hochschulen leben auch vom Diskurs. Sie sind Orte der Demokratie, und es ist unsere Aufgabe, dafür einzustehen, dass der Streit in der Sache und um das beste Argument möglich ist. In einer Demokratie müssen wir es aushalten, gegensätzliche Meinungen anzuhören und zu respektieren. Zuhören heißt noch lange nicht, sich gemein zu machen mit dem Gesagten. Aber es gehört zum respektvollen Miteinander dazu.
Niemand muss schweigen, wenn er anderer Meinung ist. Aber andere zum Schweigen bringen zu wollen, nur weil deren Ansichten nicht ins eigene Weltbild passen, das werden wir niemals akzeptieren!
Weiterführendes:
DHV } Pressemitteilung: Die Forschung in Deutschland ist frei, aber…
Deutschlandfunk } Neuer DAAD-Präsident „Eine freiheitlich-demokratische Grundordnung garantiert eine freie Wissenschaft“
BMBF } Rede „Unsere Hochschulen müssen Orte des freien Diskurses sein“
Forschung & Lehre } Professoren-Umfrage Hochschullehrer beklagen zunehmende Bürokratie
FAZ } Umfrage : Hochschullehrer beklagen Meinungsklima an Universitäten
Welt } Hochschullehrer sehen Meinungsfreiheit an Universitäten in Gefahr
Tagesstimme } Umfrage: Hochschullehrer empfinden Meinungsklima als intolerant
Tagesspiegel } Umfrage unter Hochschullehrenden: Die Forschung ist frei, aber nicht ungehindert
Unwissenschaftliches Ende:
Ein knappes Drittel der Hochschullehrer*innen fühlt sich nach dieser Umfrage dennoch in ihrer Lehre und Forschung durch „Political Correctness“ eingeschränkt. Was dieser ideologisierte Kampfbegriff beinhaltet, wird zumindest in der ersten Präsentation durch Allensbach leider nicht konkretisiert und qualifiziert. So bleibt diese Umfrage über die Freiheit der Wissenschaft mindestens an dieser Stelle ideologisch gefärbt, methodisch ungenau und unpräzise, oder anders gesagt: unwissenschaftlich. (taz } Umfrage zur Forschungsfreiheit: Bedenkliche Fragen)
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