narrenmatt

Am 16. November 2016 tagte in Raum E 415 die Studentische Vollversammlung (VV) der Leibniz Universität Hannover (LUH) zu einem inoffiziellen Turboschachturnier, welches sich vorzüglich aus dem Turnierprotokoll rekapitulieren läßt.

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Weißer Bauer von f2 auf f3

Zwei Studenten sahen das Unheil kommen und beantragten ein ausnahmsloses Schachverbot auf dem Gelände der Universität Hannover. Dieses wurde ihrerseits hieb- und stichfest (zwölffach) begründet.

bauersSchwarzer Bauer von e7 auf e6

Team Schwarz kontert mit einem Antrag auf Verschiebung des Wichsverbot-Antrages nach vorne da „Verbindungsstudent*innen würden ja VV verlassen – was zu begrüßen wäre“ sowie den Aufschub des Schachverbot-Antrages nach hinten, da über diesen Antrag seitens der Sitzungsleitung schon einstimmig entschieden wurde.

Diese Verschiebung wurde anfänglich mit einer und in zweiter Runde mit 11 Stimmen Mehrheit angenommen. Vorab und nachträglich wurden Spieler von Team Weiß mit dem Vorwurf der Wahlfälschung und Beleidigung vorsorglich des Raumes verwiesen.

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Weißer Bauer von g2 auf g4

Team Weiß bringt folgende Argumente gegen das geforderte Couleurverbot ins Spiel:

  • „Wurde als Coleurstudentin in der Verbindungszene noch nie diskriminiert. Nur von anderen Menschen „als schmückendes Beiwerk“ diskriminiert“
  • „Zur NS-Zeit / DDR wurden Verbindungen auch verboten“
  • „In Hannover gibt es keine „rechten“ Verbindungen und dieser Antrag bildet das nicht ab.“
  • „Individuelle Betroffenheit sollte Gewicht haben.“
  • „Demokratische Prinzipien werden missachtet: Menschen mit Kleidungsmerkmalen werden vorverurteilt.“
  • „Differenzierung muss gewährleistet sein.“
  • „Menschen dürfen aufgrund ihrer Weltanschauung nicht diskriminiert werden (Bezug auf Diversity-Antrag)“

Nachdem zuguterletzt ein Antrag auf „Auswechslung der Sitzungsleitung aufgrund von Befangenheit“ aus formellen Gründen abgelehnt wurde, folgt die Abstimmung zum finalen Matt.

dameSchwarze Dame von d8 auf h4#

Etwa 58 Prozent stimmten für das Couleurverbot, 33 Prozent dagegen und 8 Prozent enthielten sich. Es folgte die „Bitte der Sitzungsleitung zum Ablegen der Couleur oder Verlassen der farbtragenden Verbindungsstudent*innen.“

Knapp 90 Spielberechtigte, was in etwa alle Neins und Enthaltungen entsprach, verließen daraufhin das Turnier. Die Vollversammlung wurde halb voll (schwarz) bzw. halb leer (weiß) fortgeführt. Nach dem Schachmatt folgte die Einstreichung des Turniergewinns:

Ablehnung der Extremismus-Theorie mit 32 Stimmen mehr als Gegenstimmen obwohl seitens der Verbliebenden angemerkt wurde, daß es …

  • „kritisch [sei] eine Theorie abzulehnen und zu empfehlen sie abzulehnen.“
  • „Deutschland wird in Frage gestellt und das […] als Anhänger des GG schlecht.“ sei
  • „Wissenschaftliche Diskussionen über Theorie […] sinnvoll.“ sind
  • „VV soll als demokratisches System nicht über Sinnhaftigkeit dieser Theorie entscheiden.“

Vor der eigentlichen Abstimmung wurde ein Änderungsantrag zur Erweiterung auf Evolutionstheorie und Mittelwertsatz abgelehnt, einem auf Ergänzung als „vermeintliche“ Theorie stattgegeben. So lehnte die halbierte Vollversammlung nicht nur die Theorie sondern sogar deren Anerkennung als Theorie ab.

Sei es drum: „Die Wissenschaft ist nicht frei, sondern wird durch hegemoniale Männlichkeit bestimmt.“

Gendergerechte Richtlinien (Scheiss drauf! – Gendergerechtigkeit endet nicht beim stillen Örtchen!) mit 39 Stimmen mehr als Gegenstimmen verabschiedet, nachdem die Sternchen- und Stilles-Örtchen-Fragen geklärt wurden.

Kritische Lehre erhalten und ausbauen mit 55 Stimmen mehr als Gegenstimmen verabschiedet.

Zuguterletzt wurde der Antrag zum Schachverbot mit folgender Begründung nicht zugelassen.

„Vorhin zur TO wurde bereits gesagt, dass der AStA diesen Antrag geprüft hat. Der AStA hat den Antrag nach Prüfung zugelassen.

Wir werden diesen Antrag entgegen der Haltung des AStA nicht behandeln, da die Sitzungsleitung einstimmig zum Ergebnis gekommen ist, dass dieser Antrag gegen § 2 Abs. 2 Punkt g der Satzung der verfassten Studierendenschaft (SVS) verstößt. Im Punkt g ist die Förderung des freiwilligen Studierendensports verankert. Wir sehen ebenfalls einen Verstoß gegen § 2 Abs. 2 Punkt f SVS für möglich. Hier wird Unterstützung der musischen und kulturellen Interessen der Studierenden verankert.

Basis der Entscheidung einen Antrag nicht aufzurufen, welcher im Gesamten als rechtswidrig erkannt wird, ziehen wir aus dem Beschluss des Ältestenrates vom 28.11.2007.

Diese Maßnahme wurde durch die anwesenden Mitglieder des Ältestenrats bestätigt.

Gegen diese Maßnahme der Sitzungsleitung ist aufgrund § 5 Abs. 9 Satz 1 und 2 (GO-StuRa vom 26.10.2016) kein Widerspruch einzulegen.“

Im Hochschulsportangebot der Universität findet sich vom martialisch-kämpferischen Aikido von bis hin feurig-tänzerischen Zumba® eine ganze Menge „Cultural Appropriation“ (entsprechend Schachverbotsantrag) nur kein einziges Angebot bezüglich Schach. Beim Ausscheidungswettkampf vom 16. November dürfte es sich daher, um ein inoffizielles Turnier gemäß § 2 Abs. 2 Punkt gehandelt haben. Dieses endete nach gerade einmal 7 Stunden um 23:19 Uhr mit dem Sieg für Team Schwarz. Der Sitzungsleitung und dem AStA Hannover mit seinem schönen Sternchensymbol ein ausgemaltes für deren Ausdauer und Geschick.